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Japan-Rundreise 2018 – Tag 09 – Nagasaki

9. Tag: Hafenstadt Nagasaki

Aus einem kleinen Fischerdorf entstand nach der Landung der Portugiesen 1543 die Hafenstadt Nagasaki. Sie wurde Ausgangspunkt der Mission der Katholiken und wichtiger Standort für den Handel mit den Portugiesen. Die Christianisierung war in den ersten Jahren erfolgreich, vermutlich hatten es getaufte Oberschichtjapaner leichter, im lukrativen Import-/ Exportgeschäft mitzumachen.

Plüschnachbildungen des Castella (Sponge Cake). Portugiesen brachten die Urform des Kuchens (Kuchen aus Kastilien) nach Nagasaki. Hier wurde er abgewandelt und eine lokale Spezialität. An jeder Ecke wird einem der biskuitähnliche, allerdings recht teure, Kuchen angeboten.

Eine Tierhandlung in einer Shoppingmall bietet kleine Hunde und Katzen an. 1200 € kostet ein Stubentiger.

Nach militärischen Streitereien lokaler Feldherren gerieten 1587 die Christen in den Konflikt. Zum einen, weil die Geschäftsbeziehungen Konkurennten ein Dorn im Auge war, zum anderen weil die Christen intolerant gegenüber lokalen Religionen waren. 1597 wurden 26 Christen (Märtyrer von Nagasaki) aus verschiedenen Teilen Japans nach Nagasaki gebracht und dort gekreuzigt. 1614 wurde das Christentum ganz verboten, Missionare und katholische Fürsten wurden verschleppt. Nach Ende des Shimabara-Aufstand (siehe Beitrag von gestern) wurden alle Portugiesen des Landes verwiesen. Die Konkurrenz von der niederländischen Ost-Indien-Kompanie nahm statt dessen in Nagasaki Quartier und war lange Jahre der wichtigste Anlaufpunkt für Europäer, Chinesen sowie Japaner, die Beziehungen nach Europa und China unterhielten.
Nagasaki bekam dadurch eine herausragende Rolle als Kontaktpunkt für Wissenschaft, Technik und Sprachkundige. Mit dem Ende des Shogunats 1868 öffnete sich Japan erneut dem Westen, Nagasaki wurde umfassend modernisiert und ein Zentrum für den Schiffbau.
Mindestens 15 christliche Familien im Ortsteil Urakami haben sich bis zum Ende des Shogunats ihren Glauben erhalten, diese bringt man mit der Wiederbelebung des Christentums in Japan in Verbindung. In der japanischen Gesellschaft spielt das Christentum (1%) jedoch keine Rolle. Auch die anstehenden Osterfeierlichkeiten haben hier keine Bedeutung. Weihnachten wurde vom Handel allerdings inzwischen als Gelegenheit für große Umsätze ausgemacht, man feiert und schenkt auch, aber nicht in der Tradition der Europäer.

Durch die Portugiesen wurden den Einheimischen einst als Dank die ersten Feuerwaffen Japans in Nagasaki geschenkt. Wie grausam Waffen sein können, erfuhr Nagasaki spätestens 1945, als die zweite Atombombe, die im Kriegseinsatz verwendet wurde, über Urakami explodierte.

Ursprünglich war Nagasaki nicht auf der Liste der potentiellen Atombombenziele. Nachdem die ehemalige Hauptstadt Kyoto vom damaligen US Verteidigungsminister Stimson verschont wurde, kam Nagasaki wegen seiner Rüstungsindustrie als mögliches Ziel in Frage. Die Entscheidung vor dem Abwurf der zweiten Atombombe fiel auf Kokura, 100 km nordöstlich. Da das Wetter dort einen Angriff verhinderte, wurde das Ausweichziel Nagasaki angesteuert. Das eigentliche Ziel, die Mitsubishi-Werke, wurde um 2 km verfehlt. Dennoch zerstörte die Waffe die halbe Stadt und tötete mehr als 100.000 Menschen.

Über dieser Stelle explodierte ‚Fat Man‘. Unweit von hier ist die Atombomben-Gedenkstätte. Dort werden die Hintergründe des Abwurfes erklärt und der Opfer gedacht. Installationen mit fliessendem Wasser weisen auf den unlöschbaren Durst hin, den verstrahlte Opfer hatten.

 

Diese Karte (Nordpol in der Mitte) zeigt die 9 Länder die 2017 knapp 15.000 Kernwaffen besaßen.

Nach dem Krieg wurde die Stadt praktisch komplett neu aufgebaut – die Straßenbahn fuhr nach drei Monaten wieder – und ist heute wieder ein bedeutender Wirtschaftsstandort.

Heute gibt es Nagasakis Chinatown zu sehen (gleich hinter dem Hotel). Shinchimanchi-Chinatown ist eine der größten chinesischen Stadtteile in Japan. Hier erfand man Nagasaki-Champon, ein Gericht bei dem Gemüse, Meeresfrüchte und Fleisch gebraten, mit Stärke verdickt und mit Nudelsuppe serviert werden.

Im weiteren Verlauf sehen wir das Tempelviertel Teramachi mit dem Sofukuji-Tempel aus der chinesischen Mingzeit. Der Sofukuji Tempel wurde von chinesischen Flüchtlingen im 17. Jhd. errichtet. Hier gibt es die beiden ältesten Bauwerke in Nagasaki zu sehen. Hier lebende Chinesen feiern im Juli/ August beim Tempel das Obon-Fest.

Blick in das Innere des Sofukuji-Tempels. Bei aller Pracht kann der Tempel die Eindrücke aus dem Friedenspark nicht überdecken.

Teramachi (machi =etwa: Stadtviertel) sind nicht eigenständig, sondern sind Teil einer Jokamachi. Dies war eine Burgstadt, die im Shogunat nach 1580 entstanden.
Kleinere Fürsten (Daimyo) bekamen den Auftrag, ihre Burgen zu zentralisieren (‚jeder nur eine Burg‘). Rund um die Burg gab es verschiedene Viertel für die einzelnen Stände, zuerst die der Samurai (Samuraimachi) und deren Bedienstete, dann die für das einfache Volk, Kaufleute und Handwerker (Choninmachi). Außerhalb gab es den Bereich für Tempel und Klöster (Teramachi). Vergnügungsviertel (Hanamachi) wie in Kyoto (siehe Tag 5) waren nicht vorgesehen. Es gab auch Jokamachi ohne zentrale Burg.

Der Straßenbahnfahrer führt seine Arbeit sehr gewissenhaft durch. Einzeln verabschiedet er jeden Fahrgast (auch wenn es 30 an einer Station sind), warnt vor Kurven und ruckartigem Bremsen. Eine Fahrt kostet hier pauschal 120 Yen (ca. 90 Cent), bezahlt wird beim Aussteigen beim Fahrer. Es gibt mindestens 4 verschiedene Möglichkeiten zu bezahlen. Auch mit der IC-Card kann die Summe beglichen werden. Während der Fahrt gibt es zudem vom Band Hinweise zur allgemeinen Sicherheit. Es gibt keinen festen Fahrplan, die Zugfolge ist sehr dicht.

Weiter geht es mit der Straßenbahn (dazu übermorgen noch mehr) nach Urakami. Dort stand vor dem Atombombenabwurf die größte christliche Kathedrale Asiens. Die Kathedrale war erst 1925 fertiggestellt worden. 1959 wurde eine neue Kathedrale errichtet. Die neue Orgel wurde den 26 Märtyrern von Nagasaki gewidmet (siehe oben).

Die neue Kathedrale in Urakami. Mit dem Neubau des Gebäudes wurde 1959 begonnen. Heute war es nicht zu betreten, es fand gerade eine Beerdigungsfeier statt. Als Farbe der Trauer hat sich in Japan schwarz durchgesetzt. Der Leichenwagen vor der Kirche ist in diesem Fall dennoch weiß.

Als letztes steht heute der Glover Park, eine Art Freilichtmuseum mit Häusern im europäischen Stil auf dem Programm.

Blick vom Gloverpark auf Nagasaki (Richtung Norden). Links der Uragami-Fluss und an dessen rechtem Ufer der Nagasaki Seaside Park.

 

Dieser freundliche Herr bewacht den Ausgang des Glover Parks. Viele dieser Jobs erscheinen wenig sinnvoll. Für den Herren sieht die Welt vielleicht anders aus. Denkbar ist, das er als Angestellter seinen ursprünglichen Job verlassen hat (oder musste), weil er es in seiner Altersklasse nicht auf einen Führungsposten geschafft hat. So entgeht man der Peinlichkeit einen jüngeren Chef oder erfahreneren Mitarbeiter zu haben. Mit 700 Yen (5,40 €) pro Stunde sind solche Jobs äußerst schlecht bezahlt und reichen kaum zum Leben.

 

Eine Seilbahn führt zum 333 m hohen Mount Inasa. Vom dortigen Aussichtspunkt hat man einen besonderen Blick auf das nächtliche Nagasaki. Der Blick geht auf das Ostufer des Uragami-Flusses. Am rechten Bildrand (Süden) liegt der Glover-Garten, mittig der Stadthafen und links (Norden) Urakami.


Wissenswertes :

Beginn der Kirschblüte Nagasaki : 17. März

Geodaten:
Karte Nagasaki / geo:32.750278,129.877778
Karte Sofukuji-Tempel / geo:32.742273,129.883676
Karte Glover Park / geo:32.734444,129.86

Quellen:
Quellenverzeichnis